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Stories from the Andes

Teil 2 - Araucanía

Nach einer kurzen Regenerationszeit, der erfolglosen Suche nach einem Mietwagen und der Feier des chilenischen Unabhängigkeitstages fanden wir uns bald auf einer wunderschönen Straße durch einen grünen Wald wieder. Direkt vor uns lag unser nächstes Ziel: Antuco. Ein perfekt symmetrisch geformter Vulkan, der ganz in Weiß gehüllt in den blauen Himmel ragt. Durch Zeitverzögerung beim Trampen erreichten wir den Nationalpark erst am Mittag und begannen erst spät mit unseren schweren Rucksäcken in Richtung Vulkan zu laufen. Was wir für einen einfachen 2-stündigen Zustieg zu unserem Campingplatz hielten, stellte sich als deutlich länger heraus. Mit den Skiern und der Übernachtungsausrüstung auf dem Rücken mussten wir durch rutschige Vulkanasche laufen und dass stellte meine Geduld echt auf die Probe. Weiter ging ich eigentlich nur, weil ich Celina vor mir durchpowern sah und wusste, dass jetzt nicht die Zeit für schlechte Entschuldigungen war.

Beim Erreichen der Schneegrenze und als wir unser Ziel von der Nachmittagssonne beleuchtet vor unseren Augen hatten, war aber die Motivation zum Glück schnell wieder da. Unser alternatives Ziel, der Sierra Velluda, war leider in keinem guten Zustand. Deshalb machten wir uns direkt auf den Weg Richtung Antuco und beeilten uns unser Zelt aufzubauen, bevor es dunkel wurde. Während des Aufbaus unseres Lagers begann der Himmel in allen Farbnuancen zu leuchten. Von hellgelb bis tiefrot. Erstaunt über dieses Schauspiel standen wir bewundernd da, beobachteten den Himmel und Antuco. Zu diesem Zeitpunkt war die Schinderei mit dem schweren Rucksack dann endgültig vergessen und wir fühlten uns nun mit unserer Umgebung verbunden. Nachdem wir den Sonnenuntergang beobachtet hatten, krochen wir schnell in unseren Schlafsack und aßen etwas Warmes zu Abend, um Kraft für den nächsten Tag zu tanken. Die Wettervorhersage sah vielversprechend aus. Klarer Himmel und kein Wind am Morgen und dann einige Wolken am Nachmittag mit anschließend heranziehendem Schlechtwetter. Also stellten wir uns einen frühen Wecker für den nächsten Tag und gingen schlafen.

Als ich am Morgen aus dem Zelt schaute, sah ich nur Weiß. Während unseres Frühstücks konnten wir allerdings Antuco durch den Nebel herausspitzen sehen. Schnell machten wir uns auf den Weg, während die Wolken durch die Morgensonne aufgelöst wurden. Da wir uns die letzten zwei Wochen in der Höhe aufgehalten hatten und uns nun nur noch auf 1500 Metern befanden, kamen wir schnell voran. Als wir jedoch über unsere Schultern blickten, sahen wir, dass das schlechte Wetter noch schneller war als wir. Auf halbem Weg den Berg hinauf fanden wir uns plötzlich in einem kompletten Whiteout mit starkem Wind wieder. Da wir wussten, dass das Wetter nur noch schlechter werden würde, beschlossen wir umzukehren, was leichter gesagt als getan war. Nur mit Hilfe unseres GPS gelang es uns, unser Lager in der komplett weißen Landschaft zu finden. Nach einer kleinen Sandwich-Pause packten wir unsere Sachen zusammen und begannen, immer noch im Whiteout, den Abstieg. Endlich unter den Wolken, gewannen wir wieder etwas Sicht und konnten ein paar anständige Schwünge machen, während Kondore über unsere Köpfe hinwegflogen. Als wir die Straße erreichten, hatte sich das schlechte Wetter festgesetzt. Nach ein paar Schneeschauern nahm uns dankenswerterweise ein Paar in ihrem Auto mit zurück zur Bushaltestelle.

Am nächsten Tag gelang es uns tatsächlich, in Temuco endlich ein Mietauto zu bekommen und wir folgten dem Ruf von Matt, einem amerikanischen Snowboarder, den wir am Flughafen in Santiago getroffen hatten. Das Gerücht geht, dass er in der Saison 2021/2022 Rekordhalter für die meisten Outdoor-Klogänge in den USA sein könnte. Sein Ruf führte uns zum Dome von Andrew in einer kleinen Stadt namens Malacahuello (viel Glück beim Aussprechen), umgeben von wunderschönen Wäldern voller Araukarien und vier mit Ski befahrbaren Vulkanen. Hier wurden wir von den Einheimischen herzlich empfangen und verbrachten die nächste Woche mit leichten Tagestouren, darunter auch die Gipfel des Sierra Nevada und des Lonquimay. Nachdem wir auf dieser Reise bisher nur mit schweren Rucksäcken und suboptimalen Bedingungen zu kämpfen hatten, war es ein gutes und willkommenes Gefühl nun mit leichtem Gepäck zu reisen und auf feinem Firn zu fahren.

Als wir auf dem Gipfel der Sierra Nevada standen, konnten wir in der Ferne einen Vulkan sehen, der doppelt so hoch war wie alles in seiner Umgebung: Lanín. Dies wurde unser nächstes Ziel. Also packten wir wieder unsere großen Rucksäcke und verließen unser gemütliches Zuhause auf der Suche nach weiteren Abenteuern.

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Nach einer Fahrt über Schotterstraßen voller Schlaglöcher und einer Nacht in Pucón bogen wir um eine Ecke und da war er, majestätisch und riesig. Die Spitze war mit Eis bedeckt und wir konnten bereits von weitem sehen, wie der Wind den Schnee in den Himmel blies. Typischerweise kein gutes Zeichen für die Schneequalität, aber wir gaben die Hoffnung noch nicht auf. Wir schulterten unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg zum Berg. Da wir mit unserem Mietwagen nicht über die argentinische Grenze fahren konnten und die Biwakschachtel auf der argentinischen Seite liegt, beschlossen wir, die Grenze einfach weiter oben am Berg zu Fuß zu passieren. Nachdem wir zwei Stunden lang einer Rinne in der Sonne gefolgt waren, begrüßte uns starker Wind von der argentinischen Seite. Wir mussten echt aufpassen, wo wir unsere Schritte platzierten, damit der Wind uns nicht vom Berg wehte. Zum Glück hatten wir unsere schweren Rucksäcke, die uns auf dem Boden hielten.

Als wir die Hütte erreichten, waren wir erleichtert, weil wir endlich vor dem Wind in Deckung gehen konnten. „Hütte“ ist vielleicht etwas übertrieben, denn es war eigentlich nur eine Wellblechschachtel mit einer Eisschicht als Boden. Kein Vorbote für eine warme Nacht, aber wenigstens waren wir vor dem Wind geschützt. Bevor wir zu Bett gingen, erlebten wir noch einen wunderschönen Sonnenuntergang mit einem Blick, der vom Ozean in Chile über die Vulkane Araukanías bis hin zum offenen, flachen Land Argentiniens reichte.

In der Nacht wachte ich mehrmals auf und hörte, wie der Wind gegen die Blechwände schlug. Dann war plötzlich alles ganz still und die Hütte war in oranges Licht getaucht. Die Sonne bemalte den Himmel. Von hoch oben konnten wir die ersten Anzeichen des neuen Tages erkennen. Was dann geschah, war so schön, dass es weder mit Worten noch mit Fotos zu beschreiben ist. Die Sonne brachte den neuen Tag, brachte Leben und Farbe in alles um uns herum.

Nach einem guten Frühstück machten wir uns auf den Weg in Richtung Gipfel. Was nah aussah, entpuppte sich noch als ein 4 ½ stündiger, anstrengender Bootpack. Nach insgesamt mehr als 2500 Höhenmetern erreichten wir schließlich den Gipfel des Lanín. Es war, als würde man auf einer Wolke in der Stratosphäre sitzen und die Erde überblicken, denn alles andere schien so weit unter uns zu liegen. Wir genossen diese Aussicht in vollen Zügen. Dann bereiteten wir uns auf die Abfahrt vor, in der Hoffnung, die 2500 Meter im Firnschnee zurück zum Auto fahren zu können.

Was eine epische Abfahrt hätte werden können, entpuppte sich als eine Mischung aus manchmal eisigem, manchmal sehr holprigem und manchmal zu weichem Schnee. Zu sagen, dass die Abfahrt bis dahin Spaß gemacht hat, wäre eine Lüge. Als ich die Hoffnung auf ein paar gute Schwünge schon aufgegeben hatte, war er aber auf einmal da. Ein langer Hang fast schon im Tal, der tatsächlich guten Firn bot. Nachdem ich Celina beim Abfahren zugesehen hatte, war ich an der Reihe und diese Schwünge entschädigten für all den Wind, den harten Schnee, die Unebenheiten und die schmerzenden Knöchel in meinen Skischuhen der letzten Tage. Mit einem breiten Lächeln setzten wir uns danach auf einen Felsen und genossen die warme Sonne, die auf unsere Gesichter schien. Anschließend zogen wir unsere Ski und Board wieder an um nun durch den wirklich schlechtesten Schnee, den ich je in meinem Leben gefahren bin, zum Auto hinunterzufahren.

Das ist es aber, was mich am Skitourengehen und an den Bergen fasziniert. Trotz einer nicht so tollen Abbfahrt kamen wir mit einem breiten Lächeln vom Lanín zurück. Das hat zwei Gründe. Erstens: Ein paar gute Schwünge können alles wieder wettmachen, buchstäblich alles! Nummer zwei: Die Abfahrt war nur ein kleiner Teil unseres Abenteuers, welches einen Aufstieg durch immer wieder neues Terrain, eine Nacht an einem fantastischen Ort hoch über allem und den unglaublichsten Sonnenaufgang, den ich je erlebt habe, beinhaltete. Vielen Dank, Lanín, es war uns eine Freude!

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir damit, uns in einem Hotpot im Wald zu entspannen und unsere nächsten Schritte zu planen. Wir hatten Spaß am Skifahren auf den Vulkanen wegen der natürlichen Schönheit, der leichten Zugänglichkeit und natürlich wegen der guten, langen Abfahrten. Aber tief im Inneren fühlten wir den Ruf Patagoniens, steile Wände, Pulverschnee und wilde, unberührte Landschaften.

Bevor wir aber nach Patagonien aufbrachen, fuhren wir noch zu einem weiteren und unserem letzten Vulkan, den Osorno. Dieser Vulkan vereinte alles, was wir an dieser Region so liebten. Eine lange Abfahrt in perfektem Firnschnee mit einem herrlichen Blick auf den Lago Llanquihue und die umliegenden Wälder im goldenen Nachmittagslicht nach einem Aufstieg, der sich wie ein Spaziergang anfühlte. Zufrieden mit dem, was wir in Araukanien und der Vulkan-Region erreicht hatten, gaben wir unser Auto in Puerto Montt zurück und nahmen eine Nachtfähre ins gelobte Land, Patagonien.

ERFAHRE MEHR ÜBER DIESES ABENTEUER

If you want to know what happened before and after Araucanía, check out our blog posts from the Central Andes (Part 1) and Patagonia (Part 3).

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